Zeitschrift

Der deutsche Wald

Der Schwarzwald als Beispiel

Bäuerlicher Waldbesitz in Baden-Württemberg 



 

Inhaltsverzeichnis

 

Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung

Von Helmut Brandl

Prof. Dr. Helmut Brandl ist Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg.

Bauernwald ist eine weit verbreitete Eigentumsform in Deutschland. Insbesondere in den Höhenlagen, die für die Landwirtschaft schwierig sind, hat er eine wirtschaftliche Ausgleichsfunktion. Dazu gehört in Baden-Württemberg insbesondere der Schwarzwald. Wenn nicht gerade "Jahrhundertstürme" wüten, ist die Ertragslage nicht schlecht. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Bauernwaldes mag geringfügig erscheinen, rechnet man jedoch alles in allem, dann ist beispielsweise im Schwarzwald eine vergleichsweise hohe Zahl von Arbeitsplätzen vom Wald abhängig: neben den Arbeitsplätzen unmittelbar in der Forstwirtschaft die Weiterverarbeitung in der Holzindustrie - und vor allem natürlich im Tourismus. Denn was wäre der Schwarzwald ohne den Wald, mit den Wiesen und den Schwarzwaldhöfen? Somit hängen letztlich 37 % der Arbeitsplätze im Schwarzwald direkt oder indirekt von der Land- und Forstwirtschaft ab. Bei solchen Berechnungen wird die Schutz- und Erholungsfunktion zahlenmäßig nicht einmal erfasst, ist doch die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung blind für Güter, die keinen Marktwert aufweisen. Red.

Was ist "Bauernwald"?

Auf den ersten Blick erklärt sich der Begriff "Bauernwald" oder "bäuerlicher Waldbesitz" aus sich selbst: es handelt sich um Waldflächen, die zusammen mit landwirtschaftlichen Flächen in einem Betrieb bewirtschaftet werden. Trotzdem sind zur Abgrenzung einige Präzisierungen erforderlich. Diese werden traditionell aus dem agrarpolitischen Leitbild des "selbstbewirtschafteten Familienbetriebes" abgeleitet.

Familienbetrieb: Juristisch gesehen muss der Betrieb in der Hand von natürlichen Personen sein. Juristische Personen in der Form etwa einer Genossenschaft oder einer GmbH, wie sie als Folgeorganisation von LPGs in den neuen Bundesländern gebildet worden sind, fallen auch bei Vorhandensein von Waldbesitz nicht darunter.
Selbstbewirtschaftet: Die Besitzerfamilie führt i.d.R. die anfallenden Arbeiten im Betrieb selbst aus; die Beschäftigung entlohnter Arbeitskräfte stellt eher die Ausnahme dar. Die Grenze zu großen Forstbetrieben mit Landwirtschaft, die von angestelltem Personal bewirtschaftet werden, ist nicht eindeutig fixierbar. Als eine brauchbare Konvention hat man sich in Deutschland auf eine Größe von 200 ha Wald als Obergrenze festgelegt.
Gemischter land- und forstwirtschaftlicher Betrieb: Die amtliche Agrarstatistik führt solche Kombinationsbetriebe un-ter der Bezeichnung "Landwirtschaftliche Betriebe mit Wald". Die Abgrenzung zu reinen forst- oder reinen landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt durch die Vorgabe, dass jeder der beiden Betriebszweige einen Anteil von mindestens 10 Prozent an der gesamten Betriebsfläche haben muss. Betriebe mit z. B. über 90 % Waldanteil fallen in die Kategorie der "Forstbetriebe".
In der Agrarstatistik ist eine Erfassungsgrenze von 1 ha Betriebsgröße festgelegt. Betriebe mit weniger als 1 ha land- und forstwirtschaftlicher Fläche werden nicht in die Statistik aufgenommen. In der Kombination können in solchen sehr kleinen Besitzeinheiten auch Waldbesitze mit weniger als 1 ha vorkommen.
Betrieb als Einkommensquelle: Aufgrund der Nachhaltigkeitsforderung kann in kleinen Waldflächen nicht jährlich Holz genutzt werden. Als kleinste Bewirtschaftungseinheit, die eine jährliche Nutzung erlaubt, hat sich in Baden-Württemberg ein Waldbesitz von mindestens 5 ha als erforderlich erwiesen. Daher beziehen sich alle in späteren Abschnitten angeführten Aussagen zur wirtschaftlichen Situation von bäuerlichem Waldbesitz auf das Kollektiv "Landwirtschaftliche Betriebe mit Wald" (einschließlich einiger weniger Forstbetriebe ohne Landwirtschaft), in dem die Betriebe über einen Waldbesitz von mindestens 5 und höchstens 200 ha verfügen.

Zusammen ergibt sich:
"Bauernwald" ist ein Waldbesitz bis 200 ha Größe, der mit einem landwirtschaftlichen Betriebsteil zusammen als ein Betrieb durch die Person des Betriebsinhabers und seiner Familienangehörigen bewirtschaftet wird. Aus pragmatischen Gründen werden Aussagen zur wirtschaftlichen Situation nur für Waldbesitzgrößen in der Spanne von 5 bis 200 ha gemacht.

Bauernwald im Schwarzwald
Typisch ist die Verbindung von Landwirtschaft und Waldbesitz. Rodungsinseln zeigen Siedlungs- und Besiedlungsstruktur an wie auch die wirtschaftliche Struktur der Schwarzwald-Höfe. Blick vom Feldberg auf den Feldsee. Foto: Wehling

So verteilt sich der Wald auf die verschiedenen Besitzarten

Baden-Württemberg gehört mit einem Bewaldungsprozentsatz von 38 % (1,38 Mio. ha) zu den waldreichen Bundesländern. Unter den Besitzarten dominieren der Privat- und der Körperschaftswald (Waldbesitz der Städte, Gemeinden und sonstigen Körperschaften) mit 38 % bzw. 37 % Anteil, d. h. jede der beiden Besitzarten verfügt über mehr als eine halbe Million Hektar Wald. Der Waldbesitz des Landes (Staatswald) spielt mit rd. 330.000 ha (rd. 25 %) eine vergleichsweise geringere Rolle (vgl. Beitrag Volz in diesem Heft).
Innerhalb der Kategorie des privaten Waldbesitzes entfallen über zwei Drittel (340.000 ha) auf den kleinen Waldbesitz (unter 200 ha Besitzgröße). Forstbetriebe mit über 200 ha Größe bewirtschaften rd. 165.000 ha.
Der private Waldbesitz verteilt sich auf über 200.000 Eigentümer. Davon verfügen etwa drei Viertel über weniger als einen Hektar Wald.
Zu gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gehören rd. 185.000 ha Wald. Diese sind mit über 900.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche verknüpft. Rund 52.000 Betriebe teilen sich in diese Flächen, d. h. im Durchschnitt verfügt jeder gemischte Betrieb über 3,5 ha Wald und 17,3 ha landwirtschaftliche Nutzfläche.

Während sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe seit 1971 halbiert hat . . .

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vollzieht sich in der Bundesrepublik Deutschland ein gravierender Strukturwandel in der Landwirtschaft. Dieser Strukturwandel lässt sich als Konzentrationsprozess auf größere Betriebseinheiten sowie als eine zunehmende Verlagerung vom Haupt- zum Nebenerwerb beschreiben. Aufgrund der traditionell engen Verbindung von Land- und Forstwirtschaft ist anzunehmen, dass die strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft auch Auswirkungen auf die forstliche Besitz- und Betriebsstruktur haben.
In Baden-Württemberg ging die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe mit mehr als 1 ha Betriebsfläche, deren Inhaber natürliche Personen sind, in der Zeit 1971 bis 1995 fast um die Hälfte von 187.000 auf 96.000 zurück (Zahlen jeweils gerundet). Die bewirtschaftete Fläche (Landwirtschaftliche Fläche, LF) sank um rd. 75.000 ha von 1,552 Mio. ha auf 1,477 Mio. ha. Als Folge davon stand im Durchschnitt dem einzelnen Betrieb eine wesentlich größere Fläche zur Verfügung: anstelle von 8,3 ha im Jahr 1971 nunmehr 15,4 ha (1995). Von diesem Gesamtkollektiv der 96.000 Betriebe verfügten 1995 52.000 (54 %) über eigenen Waldbesitz.
Der zahlenmäßige Rückgang fiel bei den Betrieben mit Waldbesitz von 89.800 auf 52.200, d. h. um rd. 42 % etwas weniger gravierend aus. Die landwirtschaftliche Nutzfläche stieg sogar geringfügig um 1 % von 892.000 ha auf 904.500 ha an. Die durchschnittliche Fläche je Betrieb verbesserte sich von 9,9 auf 17,3 ha. Die Waldfläche verzeichnete dagegen einen starken Rückgang um 41.830 ha (Tab. 1).

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. . . hat sich die Zahl der Forstbetriebe nahezu verdoppelt

Eine andere Entwicklung nahm die Kategorie der Forstbetriebe. Die Zahl wurde nahezu verdoppelt von 8.388 auf 15.444 (+ 7.056 oder + 84 %), die Waldfläche stieg um 7.578 ha oder 3,5 % auf 221.330 ha.
Daraus ist zu folgern: Die landwirtschaftliche Fläche der ausscheidenden Betriebe wird an größere Betriebe verpachtet bzw. verkauft, darunter auch an rein landwirtschaftliche Betriebe, die in dieser Tabelle nicht erfasst sind.
Dagegen werden die Waldflächen der ausscheidenden landwirtschaftlichen Betriebe mit Wald (ca. 37.600 Betriebe) von den Eigentümern i.d.R. nicht abgegeben. Diese Flächen und Betriebe werden nun von der Agrarstatistik als Betriebe der Hauptproduktionsrichtung (HPR) Forstwirtschaft (ca. 7.000 Betriebe) erfasst, oder sie fallen unter die Erfassungsgrenze von einem Hektar (ca. 30.000 Betriebe).
Der Mittelwert der Waldfläche pro Betrieb verschob sich durch das Ausscheiden kleinster Einheiten nur geringfügig von 2,5 auf 3,3 ha. Eine Strukturverbesserung fand daher vor allem in der Landwirtschaft statt.
Die rund 15.400 privaten Betriebe der HPR Forstwirtschaft bewirtschafteten 1995 221.300 ha Waldfläche. Es erfolgte eine Zunahme um 7.600 ha. Diese Zahl stellt jedoch einen Saldo aus zwei gegenläufigen Bewegungen dar: eine Zunahme der Waldflächen bei Besitzgrößenklassen bis 5 ha und 5-200 ha (insgesamt ein plus von rd. 21.400 ha) und eine Flächenabnahme in der Klasse über 200 ha (-13.850 ha).
Der Prozess der Entkoppelung von land- und forstwirtschaftlichen Betriebszweigen wird am augenfälligsten in der Größenklasse bis 5 ha Waldbesitz. Die Zahl der Betriebe wird nahezu halbiert (- 46 %, - 37.776 Betriebe). Davon entschwinden über 30.000 Betriebe aus der Statistik: es erfolgte entweder Totalaufgabe oder der Waldbesitz liegt unter der Erfassungsgrenze von 1 ha. Rund 6.000 Betriebe erscheinen neu in der Gruppe der Forstbetriebe (+ 90 %). Dies hat auch eine Verlagerung von rund 13.000 ha Waldfläche (+ 96 %) zu dieser Kategorie zur Folge. Der andere Teil der Waldflächenverluste in den gemischten Betrieben von rund 18.600 ha fällt durch die Entmischung unter die Erfassungsgrenze.
Die aufgegebene Fläche des landwirtschaftlichen Betriebszweiges (- 29.486 ha bzw. - 4 %) wird ausschließlich zu der nächsten Größenklasse (nach Waldfläche) verlagert. Bei stärkerer Differenzierung zeigt sich, dass landwirtschaftliche Flächen überwiegend im Bereich bis 1 ha Waldbesitz im großen Umfang frei werden (rd. 63.000 ha), die dann in die nächstgrößeren Klassen wandern (1-5 ha, 5-20 ha Waldbesitz).
Dieser Strukturwandel hat vor allem eine Vergrößerung der landwirtschaftlichen Fläche je Betrieb in den gemischten Betrieben zur Folge (von rd. 9 auf rd. 16 ha), während die Waldfläche je Betrieb sowohl in den gemischten wie den reinen Forstbetrieben nahezu unverändert klein bleibt.
Das Kollektiv der Betriebe mit 5 bis 200 ha Waldbesitz hebt sich bei den gemischten Betrieben durch eine geringe Rate an Veränderungen von dem kleineren Kollektiv ab. Die Zahl geht nur um 9 % (rund 800 Betriebe) zurück, die Waldfläche wird nur um 5 % (6.600 ha) verringert. Dagegen wächst der landwirtschaftliche Betriebszweig um rd. 43.000 ha oder 28 %. Damit wird die Flächenausstattung je Betrieb von durchschnittlich 16,6 ha LF auf über 23 ha vergrößert. Die Waldfläche dagegen wird geringfügig von rd. 13,8 ha auf 13,0 ha verringert.

Der Wald wird behalten, auch wenn die Landwirtschaft abgegeben wird

Zusammenfassend lassen sich aus den Entwicklungen in den 24 Jahren von 1971 bis 1995 einige Charakteristika des Strukturwandels in der Landwirtschaft herausschälen:

-  Die Aufgabe von flächenmäßig kleineren, d.h. für die Einkommenserwirtschaftung zu kleinen Betriebseinheiten wird für den forstlichen und den landwirtschaftlichen Betriebszweig sehr unterschiedlich vollzogen: der landwirtschaftliche Teil wird abgegeben (verkauft oder verpachtet), der Wald jedoch im Besitz behalten, einschließlich der Verantwortung für die weitere Bewirtschaftung.

-  Als Folge der eigentumsmäßigen bzw. organisatorischen Trennung von landwirtschaftlichem und forstlichem Betriebszweig nehmen Zahl und Fläche der Betriebe mit HPR Forstwirtschaft zu (entsprechend der Abnahme der gemischten Betriebe). Ein Teil davon scheidet aus der Statistik aus, da die Erfassungsgrenze von 1 ha Betriebsgröße nach Abgabe der landwirtschaftlichen Flächen unterschritten wird.

-  Die durchschnittliche Flächenausstattung je Betrieb wird nur im Bereich Landwirtschaft deutlich verbessert. Die ungünstigen Besitzstrukturen im Bereich Forstwirtschaft mit durchschnittlich sehr kleinen Besitzeinheiten bleiben erhalten.

- Die Entkoppelung von Land- und Forstwirtschaft hat Probleme in der Art und Weise der weiteren Bewirtschaftung der kleinen Waldbesitzeinheiten zur Folge. Ein Verkauf der verbleibenden Waldfläche wird i.d.R. nicht in Betracht gezogen.

-  Ein Waldbesitz in der Größe von 5 bis 200 ha trägt zu einer deutlichen Verbesserung der Einkommenssituation und damit zu einer zukunftsfähigen Existenz von gemischten Betrieben bei. Als besonders stabil erweisen sich gemischte Betriebe mit 20-200 ha Waldbesitz.

Die unterschiedliche regionale Verbreitung des Bauernwaldes

In der historischen Entwicklung wurde dem bäuerlichen Waldbesitz eine Ausgleichsfunktion für ungünstige landwirtschaftliche Standorts- und damit Produktionsbedingungen zugewiesen. Waldbesitz sollte über seine verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten - neben der Holznutzung auch als Waldweide, Streulieferant und als zeitweiliges Ackerland im Wald-Feldbaubetrieb - das Überleben von landwirtschaftlichen Betrieben in den zahlreichen Mittelgebirgslagen des Landes sichern.
Als eindeutiger Schwerpunkt sticht der Schwarzwald hervor. Rund zwei Drittel des bäuerlichen Waldbesitzes sind dort konzentriert. Der Schwarzwald prägt daher in vieler Hinsicht das Bild, das in der Literatur und in der allgemeinen Meinung vom Bauernwald verbreitet wird. Die restliche Fläche des bäuerlichen Waldbesitzes verteilt sich in etwa gleichmäßig auf die übrigen Mittelgebirge - Schwäbisch-Fränkischer Wald, Schwäbische Alb und Odenwald - sowie auf die Gebiete mit ungünstigeren Bodenverhältnissen im Oberland und in den östlichen Teilen von Bauland und Hohenloher Ebene.
Nur sehr wenig bäuerlicher Waldbesitz ist in den reichen Gäulandschaften und in der Rheinebene zu finden. In diesen Gebieten hat zusätzlich die dort übliche Realteilung den wenigen Privatwald in fragmentarische Einheiten als Klein- und Kleinstbesitz zersplittert.
Umgekehrt hat die ungeteilte Vererbung des Hofes in den sog. Anerbengebieten (z. B. im Schwarzwald, nur eines der Kinder erbt den gesamten Besitz) Wesentliches zur Erhaltung von größeren Wirtschaftseinheiten beigetragen.

Die Ertragslage ist normalerweise nicht schlecht

Überschüsse aus der Bewirtschaftung von Wald zu erzielen, ist keine einfache Aufgabe. Waldbesitz gehört wegen des hohen im Betrieb gebundenen Kapitals (vor allem in der Form des Wertes als Holzvorrat der vorhandenen Bestände) nicht zu den gut oder gar hoch rentierenden Vermögensanlagen. Der bäuerliche Waldbesitz macht davon keine Ausnahme. Er weist jedoch im Vergleich zu allen anderen Waldbesitzarten einige Besonderheiten auf.
Zur Erfassung der wirtschaftlichen Situation gerade dieser Besitzart wird von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg seit über 20 Jahren ein Testbetriebsnetz unterhalten. In diesem werden die Buchführungsergebnisse aus rund 170 Betrieben mit einem Waldbesitz zwischen 5 und 200 ha jährlich erfasst, ausgewertet und in Berichten veröffentlicht. Diese Ergebnisse aus dem Testbetriebsnetz Kleinprivatwald bilden die Basis für alle hier vorgestellten Daten und Grafiken. Teilnehmer an diesem Testbetriebsnetz sind in Anpassung an die strukturellen Veränderungen nicht nur gemischte land- und forstwirtschaftliche Betriebe, sondern auch zunehmend reine Forstbetriebe (d. h. ohne landwirtschaftlichen Betriebsteil).
Für eine gesamthafte Schau und einen ersten Überblick werden im Folgenden die Werte aus 20 Jahresergebnissen (1979 bis 98) sowie aus allen teilnehmenden Betrieben als Durchschnittsgrößen je Jahr und je ha Waldfläche dargestellt (Abb. 1 a und b).

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* Mittelwerte 1979-1998 in DM je Hektar aus dem Testbetriebsnetz Kleinprivatwald der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg. Erfasste Betriebe: Gemischte land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie reine Forstbetriebe mit einem Waldbesitz von 5-200 ha. Quellen: (Abb. 1a u. 1b): FVA, Abt. Betriebswirtschaft, eigene Auswertungen

** Das Auf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung im Wald der bäuerlichen Testbetriebe seit dem Bestehen des Testbetriebsnetzes. Im Durchschnitt dieses Zeitraums verblieben rund 2/3 des Gesamtertrages als Roheinkommen der Besitzerfamilie bzw. es verließen 1/3 des Gesamtertrages als Sachaufwand, Aufwand für Fremdlöhne und Unternehmer den Betrieb.

Aus der Waldbewirtschaftung wurde ein Ertrag von 953,- DM je ha und Jahr erzielt. Dieser stammte zu 86 % aus dem Verkauf des eingeschlagenen Holzes. Andere Produkte (Christbäume, Zierreisig) sowie sonstige Einnahmen (z. B. aus Jagdverpachtung) liefern noch 9 %. Staatliche Fördermittel ergänzen den Ertrag mit 5 %.
Der Ertrag und damit später das Betriebsergebnis wird aufgrund der Dominanz der Holzvermarktung von zwei Faktoren bestimmt, auf die der Waldbesitzer in einem Fall wenig und im zweiten Fall nahezu keinen Einfluss hat.

  1. Der Höhe des Holzeinschlages: Diese ist aufgrund der Forderung der Nachhaltigkeit nur in relativ engen Grenzen von Jahr zu Jahr veränderbar. Je stärker der Betrieb aus Liquiditätsgründen auf die Einnahmen aus dem Holzverkauf angewiesen ist, desto geringer ist der Spielraum, um etwa bei sinkenden Holzpreisen marktkonform den Einschlag zu reduzieren. Umgekehrt bringt es große wirtschaftliche Vorteile, wenn bei steigenden bzw. hohen Holzpreisen der Betrieb so viel Holz wie möglich einschlägt und vermarktet.
  2. Die zweite Komponente, die den Ertrag bestimmt, ist der Holzpreis. Dieser wird durch das Marktgeschehen vorgegeben. Der einzelne Waldbesitzer hat nahezu keine Einflussmöglichkeiten auf den durchschnittlichen Holzpreis über alle Sorten hinweg.

Die bäuerliche Waldwirtschaft hebt sich auf der Aufwandseite durch eine vergleichsweise geringe Belastung mit Sachkosten, Kosten für den Einsatz von Unternehmern und von fremden Arbeitskräften von den anderen Waldbesitzarten ab (317,- DM/J/ha bzw. 33 %).
Der als Lohnansatz bezeichnete Block im Aufwand (401,- DM/J/ha, 42 %) stellt das eigentliche Charakteristikum der bäuerlichen Waldwirtschaft dar. Er ist der kalkulierte Betrag, der dem Betriebsleiter sowie den mitarbeitenden Familienangehörigen als ein Anspruch auf Entlohnung ihres eigenen Arbeitseinsatzes zugesprochen wird. In der Systematik der betriebswirtschaftlichen Erfolgsrechnung wird er konsequenterweise als ein weiterer Teil des Aufwandes verbucht und vom Ertrag abgezogen.
Nach Abzug von Sachaufwand und Lohnansatz verbleibt als Überschuss das Betriebseinkommen. Dieser Betrag soll einerseits die Verzinsung des eingesetzten Kapitals abdecken, andererseits die Gewinnerwartung des Besitzers erfüllen. Die erste Forderung - Verzinsung des eingesetzten Kapitals - wird in der Praxis höchstens für das in Maschinen investierte Kapital, nicht jedoch für das gesamte Holzvorratskapital erhoben.
Auf der anderen Seite ist der Lohnansatz ein Bestandteil des Einkommens der Besitzerfamilie, da er auf der Verwertung der eigenen Arbeitsleistung beruht. Daher wird die Gesamtheit des Einkommens aus der Waldbewirtschaftung (Betriebsergebnis und Lohnansatz) als Roheinkommen bzw. auch als Familieneinkommen bezeichnet. Im Durchschnitt der 20 Jahre haben die Testbetriebe 635,- DM je Jahr und ha erwirtschaftet - ein durchaus beachtlicher Betrag.
Bei einer durchschnittlichen Waldfläche von 22,6 ha je Betrieb lieferte der Wald einen Einkommensbetrag von über 14.000,- DM pro Jahr. Der Betrag signalisiert aber auch, dass die Betriebe noch über andere Einkommensquellen verfügen müssen, um ein adäquates Gesamteinkommen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen zu erreichen.
Ein weiterer Aspekt ist die Frage nach der Verwertung der eingesetzten Arbeitskraftstunde in der Waldarbeit. Über den gesamten Zeitraum konnte ein Betrag von 43,- DM je Arbeitskraftstunde erzielt werden. Dieser Betrag lässt vor allem im Vergleich zur Landwirtschaft eine sehr gute Entgeltung der eigenen Arbeitsleistung erkennen.

Doch "Jahrhundertorkane" können auch wirtschaftlich alles über den Haufen werfen

Einkommen aus dem Waldbesitz ist normalerweise eine relativ stabile Größe. Naturkatastrophen wie die beiden "Jahrhundertorkane" von 1990 und 1999 haben jedoch große Ausschläge zur Folge (Abb. 1 b). Im Jahr des Sturmes selbst, hier 1990, führen die großen Sturmholzmengen zu einem Emporschnellen der Erträge. Aus bilanztechnischen Gründen sind darin jedoch auch die noch unverkauften Mengen an Sturmholz, die mit einem unterstellten Holzpreis bewertet wurden, enthalten. Außerdem handelt es sich hier zum großen Teil um die Liquidierung von Vermögenswerten, - d.h. für das Wachstum der Bestände müssen wichtige Teile des Holzvorrates durch den Sturm vorzeitig aufgearbeitet und verkauft werden. Außerdem fiel der Holzpreis durch das Überangebot am Markt um rd. ein Drittel gegenüber den Normaljahren.
Die Folge von Vermögensabbau, der Bildung von Beständen an nicht verkauftem Holz und dem Holzpreisverfall führten zu drastischen Ertragseinbußen in den Folgejahren.
In den Jahren 1991 bis 1996 war das Betriebseinkommen auf ein sehr niedriges Niveau gesunken, in einzelnen Jahren (1991, 1993, 1996) musste sogar ein Defizit abgedeckt werden. Nur das Arbeitseinkommen, der Lohnanspruch aus der eigenen Arbeitsleistung, sicherte in Verbindung mit anderen Einkommensquellen das Überleben der Betriebe.

Deutliche Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben

In einer Sonderuntersuchung in 32 Testbetrieben im Südschwarzwald wurde die Höhe und die Struktur des gesamten der Inhaberfamilie zur Verfügung stehenden Einkommens für das Jahr 1998 ermittelt. Die Wirtschaftsdaten aus der Forstwirtschaft waren bekannt, die Einkommensanteile (jeweils das der Familie verbleibende Roheinkommen) aus der Landwirtschaft sowie aus sonstigen Einkommensquellen wurde zusätzlich erhoben bzw. aufgrund von Naturalangaben kalkuliert.
Das Ergebnis relativiert die Rolle sowohl von Landwirtschaft als auch der Forstwirtschaft für die wirtschaftliche Existenz der Betriebe wider Erwarten stark: Die sonstigen realisierten Einkommensmöglichkeiten sind mit 36 % bereits vor der Landwirtschaft (35 %) und der Forstwirtschaft (29 %) zur wichtigsten Einkommensquelle geworden (Abb. 2).
Die Relationen verschieben sich weiter, wenn man das Kollektiv nach der Einteilung der landwirtschaftlichen Betriebsstatistik in Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe untergliedert.
In den Haupterwerbsbetrieben dominieren die Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft noch mit rd. 76 %. Aus der Darstellung wird weiter deutlich, dass die Einkommen aus der Landwirtschaft (vor allem über die Milcherzeugung) mit fast 50 % Anteil das Rückgrat für die Betriebe bilden. Ganz anders stellen sich die Verhältnisse bei den Nebenerwerbsbetrieben dar. Die Landwirtschaft wird nur noch als Auslaufmodell bzw. als Hobby betrieben, die mit Zuschüssen am Leben erhalten werden muss. Die Existenz der Besitzerfamilie beruht auf zwei Standbeinen: Die sonstigen Einkommensquellen und die Waldwirtschaft teilen sich im Verhältnis 60 zu 40 diese Aufgabe.

Die Struktur der sonstigen Einkommensquellen weist einen Mix von verschiedenen Aktivitäten auf (Abb. 3):

-  Abhängige Tätigkeiten, d.h. unselbstständige Beschäftigungsverhältnisse

-  Fremdenverkehr, das sind Vermietung von Zimmern und Ferienwohnungen

-  Dienstleistungen, z. B. Schneeräumen in der Gemeinde, Betreuung des Schnittgutplatzes u. a.

-  Direktvermarktung der eigenen landwirtschaftlichen Produkte (Milch, Käse, Butter u. a.)

-  Sonstige Einkünfte, die den o. a. nicht zuordenbar sind.

Auch hier werden große Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben deutlich. Die im Haupterwerb bewirtschafteten Betriebe verwerten die im Hof vorhandenen Ressourcen wie Ferienzimmer, Ferienwohnungen, bzw. sie übernehmen Dienstleistungen, die eine selbstständige Arbeitserledigung ermöglichen.
In Nebenerwerbsbetrieben dominiert eindeutig das Einkommen aus unselbstständigen Arbeitsverhältnissen (Angestellte, Arbeiter). Es wird durch sonstige nicht weiter spezifizierte Einkünfte wie Mieteinnahmen und Altersrenten bzw. Pensionen ergänzt.
Bei einer Analyse der Ergebnisse der untersuchten Betriebe fällt vor allem auf: den "durchschnittlichen Betrieb" gibt es in der Wirklichkeit nicht. Alle denkbaren Kombinationen sind verwirklicht - von Betrieben mit nur einer Haupteinkommensquelle über solche mit zwei bis hin zu den Betrieben, die alle drei Möglichkeiten ausschöpfen (Abb. 4).

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Quellen Abb. 2-5: Mijacz, A. (2000): "Sonstige Einkommensmöglichkeiten gemischter land- und forstwirtschaftlicher Betriebe im Südschwarzwald", Diplomarbeit an der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, und Zusatzauswertungen des Verfassers. 

Ein überraschend vielgestaltiges Bild

Auch die Höhe des durchschnittlich erwirtschafteten Gesamteinkommens (rd. 73.000,- DM/Jahr) sagt sehr wenig über den Einzelfall aus. Die Bandbreite ist erstaunlich groß: von über 230.000,- DM bis herunter zu Betrieben, die nach den Werten eigentlich keine Existenzbasis mehr für eine Familie bieten (Abb. 5). Eine Erklärung für die Tatsache, dass diese Betriebe doch noch zu existieren vermögen, bietet allein der Hinweis auf hohe kalkulatorische Kosten, die in die Berechnungen eingegangen sind. Hervorzuheben sind hier vor allem die Abschreibungen, die bei den Haupterwerbsbetrieben im Durchschnitt über 33.000,- DM erreichen. Da diese Kosten keine Geldausgaben verursachen, ist von der Liquidität her die Existenz einer Familie möglich. Allerdings ergeben sich für die Zukunft keine guten Perspektiven. Betriebe, die so wirtschaften, zehren nach und nach die Substanz auf, da keine Rücklagen für neue Investitionen gebildet werden.
Insgesamt ergibt sich ein überraschend  vielgestaltiges Bild der verwirklichten Betriebsorganisationen und der Kombination von Einkommensmöglichkeiten. Jeder Betrieb sucht und verwirklicht seine eigene Strategie in der Suche nach Überlebensmöglichkeiten. Gesamthafte Durchschnittsergebnisse müssen daher durch den Blick auf die Einzelfälle ergänzt werden.

Einige Trends lassen sich ablesen:

- Im gesamten Durchschnitt trägt ein relativ gleichgewichteter Mix aus den drei Einkommensquellen zur Existenz der Betriebe bei.

- Die Haupterwerbsbetriebe stützen sich überwiegend (rd. 50 %) auf eine intensiv betriebene Landwirtschaft.

- Die Nebenerwerbsbetriebe haben die Landwirtschaft weitgehend aufgegeben, das Einkommen kommt überwiegend aus unselbstständigen Arbeitsverhältnissen, aber auch der Wald trägt mit rd. 40 % einen nicht unerheblichen Teil bei.

Der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt ist alles in allem gering

In unserer heutigen Gesellschaft werden die anteilmäßig wichtigsten Beiträge zum Bruttoinlandsprodukt außerhalb der Urproduktion, vor allem außerhalb von Land- und Forstwirtschaft, erarbeitet. Hochtechnisierte Industrien, Dienstleistungen und Informationstechnologien sind die wichtigsten Leistungsträger.
Auf Bundesebene kann die gesamte deutsche Forstwirtschaft gerade einen Anteil von 0,05-0,08 % am Bruttoinlandsprodukt für sich verbuchen. In Baden-Württemberg wird ein Bruttoinlandsprodukt von rd. 484 Mrd. DM (Stand 1994) erwirtschaftet. Die Forstbetriebe aller Waldbesitzarten liefern dazu einen Beitrag in Höhe von 703 Mio. DM, d.h. sie kommen auf einen Anteil von 0,15 %. Dieser Betrag verteilt sich auf die einzelnen Besitzarten und deren Untergliederungen in etwa nach ihren Flächenanteilen, mit Ausnahme des Kleinstwaldbesitzes mit weniger als 5 ha Besitzgröße.
Der hier im Mittelpunkt der Betrachtung stehende Privatwald mit Besitzgrößen von 5 bis 200 ha liefert 13 % zur Bruttowertschöpfung der Forstwirtschaft des Landes und damit gerade 0,02 % zum gesamten Bruttoinlandsprodukt des Landes.
Aus diesen Zahlen darf jedoch kein Schluss auf die Bedeutung von Wald und Forstwirtschaft aus gesamthafter Sicht gezogen werden (s. u.).

Doch ein Rückgrat der regionalen Besiedlungs- und Wirtschaftsstruktur

Der Schwarzwald nimmt unter den Regionen des Landes eine in vieler Hinsicht besondere Stellung ein. Wald und Forstwirtschaft gehören zu den prägenden Charakteristika dieser Region.
Der Wald ist naturgemäß mit einem Anteil von 65 % das landschaftsprägende Element in der Bodennutzung. Innerhalb des Gebietes lässt sich der waldreichere Nordschwarzwald mit sehr ungünstigen Bedingungen für die Landwirtschaft vom fruchtbareren, klimatisch günstigeren und daher waldärmeren mittleren und südlichen Schwarzwald unterscheiden.
Prägend für die Bewirtschaftung der Wälder ist die Dominanz von privatem Waldbesitz, insbes. in der Form gemischter land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass diese Besitzkategorie ein wesentliches strukturbestimmendes Element in der Region darstellt und dass die weitere regionale Entwicklung von den Zukunftsperspektiven dieser speziellen Form der Landbewirtschaftung abhängen wird.
Als ein Rückgrat der regionalen Besiedlungs- und Wirtschaftsstruktur können die Betriebe mit einem Waldbesitz von 5 bis 200 ha betrachtet werden.
Diese Betriebe bewirtschaften rund 1/3 der Gesamtfläche des Schwarzwaldes, rund 32 % der Waldfläche und rund 44 % der landwirtschaftlichen Flächen.


Ferienlandschaft Schwarzwald: Charakteristisch ist der Wechsel von Wald und Wiesen. Der Schwarzwaldhof setzt den Akzent. Foto: Wehling 

Wo bliebe sonst der Tourismus?

Wenn alle Betriebe mit einem Waldbesitz von 0 bis 200 ha einbezogen werden, dann bewirtschaften diese gemischten Betriebe eine gesamte Betriebsfläche (Land- und Forstwirtschaft) von rund 223.000 ha und damit nahezu die Hälfte (44,5 %) der Fläche des Schwarzwaldes. Regionale Entwicklungsmöglichkeiten werden durch diese Strukturverhältnisse bestimmt. So benötigt der Tourismus als der wichtigste Wirtschaftszweig im Schwarzwald eine gepflegte Landschaft. Diese wird von dem Wechsel von Wald und grünen Weiden sowie durch die in der Landschaft verteilten typischen Schwarzwaldhöfe geprägt.

Als Basis für Erwerbstätigkeit spielen Wald- und Forstwirtschaft in ländlich geprägten Räumen immer noch eine Rolle. Im Schwarzwald weist die Statistik eine Zahl von insges. 209.330 Erwerbstätigen aus, das sind rund 34 % der Bevölkerung von rd. 611.000 Personen. Über die Produktionsleistung der Forstwirtschaft konnten rd. 3.000 volle Arbeitsplätze finanziert werden (alle evtl. bestehenden Teilzeit-Beschäftigungsverhältnisse wurden zu vollen Jahresarbeitsverhältnissen umgerechnet). Dies sind 1,4 % aller Beschäftigten in dieser Region. In gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben können durch die Erträge aus dem landwirtschaftlichen Betriebszweig weitere 2.000 Personen als Vollarbeitskräfte eine Existenzgrundlage erhalten (Tabelle 2).

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Die rund 5.000 Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft und deren Arbeitsergebnisse in der Form von verkauftem Holz sind die notwendige Ausgangsbasis für weitere Ketten der Wertschöpfung und der Beschäftigung. Eine Aussage wie "die Forstwirtschaft beschäftigt nur 2,3 % der Erwerbstätigen" führt daher in die Irre.
Allein in der direkten Weiterverarbeitung von Rohholz zu Zwischen- und Endprodukten wird die Wertschöpfung und auch die Zahl der Arbeitsplätze um den Faktor 5 bis 7 erhöht. Da sehr viel Holz direkt in der Region weiterverarbeitet wird, hängen damit weitere rd. 30.000 Arbeitsplätze (d. h. weitere 15 %) an den Vorleistungen der Forstbetriebe.
Die große indirekte Wirkung auf Wirtschaftsleistung und Beschäftigungsmöglichkeiten in der Tourismus-Industrie kann noch nicht in Ziffern gefasst werden. Tatsache ist: Die vom Tourismus abhängigen Gewerbezweige sind auf das Produkt "gepflegte Kulturlandschaft" als eine unentgeltlich zur Verfügung gestellte Leistung von Land- und Forstwirtschaft existenziell angewiesen.
In dem vom Tourismus dominierten Zweig des Dienstleistungsgewerbes sind weitere rd. 20 % der Erwerbstätigen beschäftigt. Damit hängen im Schwarzwald über 37 % der Arbeitsplätze (d.s. rd. 75.000) direkt und indirekt von den direkten und indirekten Leistungen von Land- und Forstwirtschaft ab.
Die regionale Struktur wie Besiedlung, Infrastruktur und Leistungsangebote an Einwohner sowie an Besucher aus industriellen Ballungsgebieten hängen daher in weit größerem Maße von Land- und Forstwirtschaft ab als die Ausgangswerte signalisieren.

Unterstützung durch den Staat erscheint gerechtfertigt

Auch die Effizienz der Leistungen von Land- und Forstwirtschaft, vor allem die günstige Relation von Aufwand und Ertrag im weiteren Sinne, muss in die Betrachtung einbezogen werden. Immerhin bewirtschaften alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mit einem Einsatz von nur 2,3 % der Erwerbstätigen rd. 86 % der Fläche des Schwarzwaldes - eine Relation, die Beachtung verdient und die viel zu wenig in Entscheidungsprozesse eingebracht wird. Bei regionalpolitischen Entscheidungen sollte auf solche Zusammenhänge und vor allem solche Abhängigkeiten - eine kleine kritische Masse genügt, um große sekundäre Wirkungen zu erzielen - geachtet werden.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe in den sog. benachteiligten Gebieten, und noch verstärkt in den Höhengebieten des Schwarzwaldes, eine verstärkte Förderung durch direkte Finanzhilfen sowie durch indirekte Unterstützung über die Beratung und Betreuung z. B. durch die Organe der Landesforstverwaltung (Forstamtsleiter, Revierleiter) erhalten. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Existenz der vorhandenen Höfe im Schwarzwald sowie im Schwäbisch-Fränkischen Wald und den anderen agrarisch bestimmten Regionen des Landes wird über dieses sehr detaillierte und sehr vielgestaltige Netz von Hilfen durch die öffentliche Hand geleistet.

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Hat bäuerlicher Waldbesitz eine Zukunft?

Die vielfältigen Aspekte, die in den vorhergehenden Abschnitten dargestellt wurden, führen eher zu einer negativen Antwort auf die Frage nach der Zukunft des bäuerlichen Waldbesitzes:

- Der Strukturwandel in der Landwirtschaft und damit auch in gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben erhöht den Anteil der nicht mehr so intensiv bewirtschafteten reinen Forstbetriebe mit kleinen Besitzgrößen.

- Die Flächenproduktivität des Waldes ist vergleichsweise gering. Einen Ausgleich bietet die gute Verwertung der eingesetzten Arbeit der Besitzerfamilie.

- Die Bedeutung von Land- und Forstwirtschaft als Einkommensquellen gehen gegenüber anderen Erwerbsquellen - insbes. über den Arbeitsmarkt für unselbstständige Tätigkeiten - auch in gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zurück.

- Vermehrtes Auftreten von Naturkatastrophen lassen den Wald zu einer unsicheren Einkommensquelle werden.

- Im Rahmen der Volkswirtschaft spielen die Wertschöpfungen in Land- und Forstwirtschaft eine marginale Rolle.

- Auch als beschäftigungspolitisches Instrument bieten Land- und Forstwirtschaft eher geringe Möglichkeiten.

Alle diese Aspekte bieten eher gedämpfte Aussichten für die Zukunft.

Ein zweiter genauerer Blick auf die geschilderten Verhältnisse lässt vermehrt die positiven Aspekte in den Vordergrund treten.

  • Der Wald ist und bleibt vor allem in den Mittelgebirgen und den ländlichen Regionen ein strukturierendes und dominierendes Landschaftselement.
  • Er bildet die Existenzgrundlage für ein Gerüst von land- und forstwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben, die sowohl für die Siedlungsstruktur als auch für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft von überragender Bedeutung sind.
  • Einer der Haupterwerbszweige im Schwarzwald und den anderen Ferien- und Erholungslandschaften - der Tourismus - hängt in geradezu existenzieller Weise von einer gepflegten und gut erschlossenen Landschaftsstruktur ab.
  • Tradierte Formen der Weiterverarbeitung von Holz wirken als Multiplikatoren für Arbeitsmöglichkeiten auf der Basis des regional erzeugten Holzes.

Nicht in die wirtschaftliche Betrachtung einbezogen werden Wirkungen und Leistungen, die Wald und Forstwirtschaft für die Gesellschaft außerhalb des Marktes bereitstellen. Die Konzeption der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist blind gegenüber allen Gütern, die zwar für den Menschen notwendig und damit wertvoll sind, aber keinen Marktwert aufweisen. Die so oft genannten Leistungen des Waldes im Bereich der Schutz- und Erholungsfunktionen fallen daher als marktwirtschaftlich irrelevant durch das Raster.
Die Frage nach Stellung und Bedeutung von bäuerlichem Waldbesitz in unserer Gesellschaft und ihre Leistungen für sie kann am deutlichsten mit der Abwandlung eines Zitats von Winston CHURCHILL beantwortet werden:
"Es gibt kaum einen anderen Wirtschaftszweig in Baden-Württemberg, in dem für so viele Nutzer so wenige Personen so viel tun."

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Literaturhinweise

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