Zeitschrift

Fußball und Politik


 

Heft 1 2006

Hrsg: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis

  Eine kleine Geschichte der Kommerzialisierung des Fußballs
 

"Nun siegt mal schön!"1

  Dirk Schindelbeck

 


Fußball funktioniert nicht losgelöst von ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, er unterliegt diesen Gesetzmäßigkeiten sogar in verschärftem Maße. Keine andere Sportart hat sich in den letzten Jahren in einer derart engen Wechselbeziehung mit den Medien, mit Kommerz und Werbung entwickelt wie der Fußball. Die "Geldmaschine" Fußball ist ein echter und ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor geworden. Der alljährliche Wanderzirkus der Profis und die astronomischen Ablösesummen sind nur ein Indikator dafür, dass die Logik des Marktes auch auf dem Spielfeld herrscht. In den Anfangszeiten des bundesdeutschen Fußballs tummelten sich noch die "ehrlichen" Amateure auf dem grünen Rasen. Inzwischen haben sich Profifußballer zu Privatunternehmern mit Managern und Beratern entwickelt. Werbebranche, Medien und Wirtschaft benutzen Fußball als ein längst unverzichtbares Instrument, das der Vermittlung von Werbebotschaften und der Vermarktung unzähliger Produkte dient. Dirk Schindelbeck schildert in seiner "Kleinen Geschichte der Kommerzialisierung" diese Entwicklung und bezieht dabei auch die Erwartungen mit ein, die sich mit dem Mega-Event des Jahres 2006 verbinden.

 

Kommerzielle Prognosen

Die rheinische Frohnatur Reiner Calmund war begeistert: 40 Milliarden Menschen, so schwärmte er, würden die Spiele der Fußball-WM 2006 in Deutschland verfolgen (die astronomisch anmutende Zahl ist selbstverständlich akkumuliert; sie ergibt sich aus geschätzten zehn verfolgten WM-Begegnungen seitens jener vier Milliarden Menschen - von 6,5 der Weltbevölkerung - mit Fernsehzugang).2 Was für Möglichkeiten, deutsche Ideen und Produkte in die Köpfe der versammelten Fernsehmenschheit zu tragen! Eine sechswöchige Dauerwerbesendung von nie gekanntem Ausmaß! Die dazu noch den unschätzbaren Vorteil hat, dass sie niemand wegzappt - weil die Spannung die Leute vor den Bildschirmen fesselt.

Dies ist die eine Seite jener traumhaften Chancen, über die WM ein Milliardenpublikum emotional zu bannen und zu Empfängern der "Marke Deutschland" zu machen. Ihre andere Seite ist der im selben Maß ansteigende gigantische Erwartungsdruck. Diese WM muss rund und schön ablaufen, damit sie zur optimalen Projektionsfläche für die größte Selbstdarstellung ihres Ausrichters in der Geschichte werden kann. Es darf unter keinen Umständen zu unschönen Szenen oder gar Gewaltakten kommen (noch immer ist das Trauma des Attentats bei den Olympischen Spielen von München 1972 präsent). Auf dieses nationale Ziel sind längst alle eingeschworen. Schließlich versucht ja auch jeder, der es vermag, angefangen vom Goethe-Institut über die beiden Kirchen bis hin zu den Ausstellungsmachern "Marken Made in Germany", die kolossalste Bühne aller Zeiten zum eigenen großen Auftritt zu nutzen.

In der Tat war eine Fußballweltmeisterschaft noch nie so sehr im Visier von Trittbrettfahrern wie dieses Mal. Um die "schönste Nebensache der Welt" geht es schon lange nicht mehr: Diese WM ist - aller vorgegebenen Heiterkeits- und Freundschaftsrhetorik zum Trotz - die ernsteste Angelegenheit des Jahres 2006. Was hängt für ihren Ausrichter auch nicht alles an ihr? Von der Erschließung neuer Märkte über die Sicherung von Arbeitsplätzen, Tourismusimpulsen bis hin zu einem mächtigen Imageschub für die Bundesregierung selbst. Franz Beckenbauer sei Dank: Die mickrige Reputation eines Joschka Fischer hätte niemals ausgereicht, jenen Nachdruck zu entfalten, der es einzig dem Kaiser möglich machte, das Mega-Event ins Land zu holen (Fußballkommentatorisch gefragt: Ist Beckenbauer der bessere Fischer?). Längst hat es der Franz auch allen deutlich gesagt: Eine solche Chance bekommen wir in den nächsten 50 Jahren nicht mehr.

 

Das Kalkül des Kapitals

Doch genau dies ist eben auch die Krux der Fußball-Weltmeisterschaften im totalen Medienzeitalter. Denn das Kalkül des in das Riesenspektakel schon reichlich eingeflossenen Kapitals (siehe Stadionbauten oder Automuseen) kennt nur eine Logik: return on investment. Das Fußballspiel seinerseits aber bezieht - wie jedes andere Spiel - seinen Reiz ja gerade daraus, dass es nicht kalkulierbar ist. Also möchte die Logik des Geldes sich die Logik des Spiels allzu gern unterwerfen. Nach dessen Kalkül muss Deutschland 2006 der sportliche Sieger sein, damit sich die WM auch ökonomisch voll auszahlt. Jede Platzierung, die schlechter als das Erreichen des Halbfinales ausfällt, muss den Investoren, die auf ständige Wiederholung und Intensivierung ihrer Botschaften auf dem Bildschirm bis ins Endspiel hinein bauen, sauer aufstoßen (nur die letzten vier Mannschaften bestreiten sieben Begegnungen, sind also für mindestens 630 kostbare Werbeminuten auf dem Bildschirm). Insofern darf Jürgen Klinsmann, um den Erwartungsdruck des Kapitals zu bedienen, gar nichts anderes verkünden als: "Wir wollen Weltmeister werden!" Was aber ist, wenn die deutsche Mannschaft schon früh scheitert? Wird Daimler-Chrysler dem Bundestrainer per SMS dann Anweisung geben, die Windjacke ausziehen, damit der gute Stern in allen Stadien keinen Imageschaden und - infolgedessen - Absatzeinbruch davonträgt? Die Angst davor sitzt, trotz aller offiziellen Freundschaftsrhetorik, tief.

 

 

DIE ZWEI VON DER TANKSTELLE: OTTMAR WALTER NEBST BUCHFÜHRENDER GATTIN IN KAISERSLAUTERN (1954) 

Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf

 

Natürlich war das Kreuz des heutigen Kommerzialisierungsstandards nicht gottgegeben, auch wenn von jeher nationale Fußballmannschaften immer wieder dazu missbraucht worden sind, die Kraft und die Herrlichkeit des jeweiligen Landes auf dem grünen Rasen vorzuführen. In den letzten fünfzig Jahren haben sich die Auftritte der Nationalmannschaften radikal verändert, vor allem unter dem Einfluss des kommerziellen Vereinsfußballs, wie er sich nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in West- und Südeuropa entwickelt hat. Längst sind Länderbegegnungen und Weltmeisterschaften keine Propagandaveranstaltungen mehr, sondern vor allem Imagespender, deren Transferleistungen für ganze Produktlandschaften unverzichtbar geworden sind. Das Funktionsprinzip ist offensichtlich. Nichts fasziniert und emotionalisiert die breiten Massen so sicher und nachhaltig wie der Fußball. Weil der Fußball - dank der Mediatisierung - heute selbst den letzten Winkel auf der Erde erreicht. Deswegen ist der Fußball das ideale Vehikel und wie kein anderes geeignet, andere Produkte im Huckepack-Verfahren an die potenziellen Käufer zu tragen. Fußball, Medien und Kommerz bilden heute auch bei Weltmeisterschaften ein untrennbares Beziehungsgeflecht, dessen historische Entwicklungslinien in Deutschland im Folgenden in groben Zügen dargestellt seien.

 

"Begeisterung für eine edle Sache..."

"Das deutsche Volk in seiner ganzen Breite hat etwas jetzt empfunden, was Begeisterung heißt für die edle Sache des Sports. Nicht nur die Jugend, auch die ältesten Semester standen auf dem Acker mit dem Dreschflegel und winkten, es war etwas so Hinreißendes, das wirklich zeigt, dass es eine Volksbewegung geworden ist, die etwas gesteuert werden muss von unserm Staat, und darauf hoffen wir."3 Der Präsident des Deutschen Fußballbundes Peco Bauwens stand bei seiner Rede am 6. Juli 1954 im Münchner Rathaus noch ganz unter dem Eindruck der Zugfahrt der Nationalmannschaft zurück in die Heimat. Doch seine Vision einer national inspirierten "Volksbewegung" als Gegenstück für die Höchstleistungen auf dem Fußballfeld sollte sich (gottlob!) nicht erfüllen. Dass es indessen eine Mannschaft der Vertragsamateure gewesen war, die das "Wunder von Bern" vollbracht hatte, rührt gleichwohl noch heute zu Tränen und wird inzwischen auch seitens der historischen Forschung zum Kernstück des Gründungsmythos der Bundesrepublik erklärt.4 Zum ersten Mal nach dem Krieg wagten die Westdeutschen den kollektiven Blick in den Spiegel und verschafften sich - zwischen Selbsterkenntnis und Selbstgefallen - mit dem makellosen Sieg ihrer Mannschaft den Beweis ihrer Vollwertigkeit im Kreis der Nationen.

 

 

DAS GOLDENE G DER MOTORROLLER-FIRMA GLAS: HANS SCHAEFER FÄHRT AUF DEM SOZIUSSITZ DURCH DINGOLFING (JULI 1954) 

Stadtarchiv Dingolfing

 

Getreu dieser Selbsteinschätzung dokumentiert die seinerzeitige Darstellung der Helden in der Presse und den Bildmedien dies vitale Kommunikationsinteresse: die auf dem Fußballfeld gezeigten Tugenden und Wertvorstellungen stammten ja unmittelbar von den Arbeitsplätzen und aus den Betrieben; jeder einzelne der Weltmeistermannen war einer ihrer mustergültigen Repräsentanten von Fleiß und Disziplin, von Anständigkeit und Bescheidenheit. So war Torwart und "Fußballgott" Toni Turek im Zivilberuf auch nur ein kleiner Angestellter bei den Düsseldorfer Rheinbahnen, Hans Schäfer Herrenfriseur in Köln. Werner Kohlmeyer stand bei einer Kammgarnspinnerei in Lohn und Brot, Werner Liebrich bei der Post. Ottmar Walter fand als Betreiber einer Tankstelle sein Auskommen, ähnlich wie sein Bruder Fritz, Inhaber einer Dampfwäscherei.5 Insgesamt münzte sich die große Leistung für die Akteure keineswegs in handfesten materiellen Vorteilen aus, blieb für den einzelnen Fußballer oft bis weit in die siebziger Jahre hinein die Frage des "Danach" ungelöst, waren Existenzen als Kneipenwirt oder Kioskbetreiber nach zuweilen glanzvollen Karrieren die Regel.

 

Am Amateurstatus wird nicht gerüttelt

Doch solange der glorreiche Sieg der "Helden von Bern" ausschließlich der Ausstaffierung deutschen Selbstbewusstseins diente, sahen am allerwenigsten die Funktionäre des DFB Veranlassung, am erfolgreichen Amateurstatus zu rütteln. Immerhin erreichte die Nationalauswahl selbst unter diesen Vorgaben bei der WM 1958 in Schweden noch einen beachtlichen vierten Platz. Erst 1962 in Chile, als man gegen Jugoslawien schon im Viertelfinale ausschied, war die Talfahrt des deutschen Fußballs nicht mehr zu übersehen, hatte sich der Mythos von den "elf Freunden" überlebt.

In Wirklichkeit war man in der Bundesrepublik mit dem 1951 eingeführten Amateur-Vertragsspieler-Statut im europäischen Vergleich inzwischen isoliert. Rings herum, in den Niederlanden, in England, Frankreich, Italien oder Spanien waren schon in den frühen Nachkriegsjahren nationale Profiligen eingeführt worden - mit Bezügen für die einzelnen Spieler, die sich direkt an deren Marktwert orientierten. Zudem kämpften dort die besten Vereinsmannschaften des Landes Woche für Woche um Punkte und Meisterschaft, was sich sowohl auf die Qualität der Begegnungen als auch die Zuschauerzahlen förderlich auswirkte. Hierzulande bekamen die Stadionbesucher dagegen fast das ganze Jahr hindurch nur biederen Oberligafußball zu sehen - mit immer wieder sehr ungleichen und wenig spannenden Paarungen. Erst in einer Endrunde wurde dann unter den in ihren Oberligen Süd, West, Nord usw. jeweils führenden Vereinen die deutsche Meisterschaft ausgespielt - ein System, das weder für die Aktiven noch für die Zuschauer sehr attraktiv war. Nur 400 DM erlaubte das Vertrags-Amateur-Statut den Ballkünstlern (die zudem einen "richtigen" Beruf nachweisen mussten) als Nebeneinnahme. In der Praxis bedeutete dies, dass die Leistungsbereitschaft der Spieler stark schwankte und immer wieder der Anstachelung bedurfte - folglich steckten Funktionäre und Vereinsobere ihnen auch immer wieder heimlich Geld zu, und wenn es nur das obligatorische Fünfmarkstück in den Stiefeln war.

 

"Kraft in den Teller, Knorr auf den Tisch!"

Anfangs der Sechzigerjahre hatte sich die Schere zwischen dem, was für einen talentierten Fußballspieler hierzulande und im Ausland zu verdienen war, so weit aufgetan, dass Taschengeld und gute Worte nicht mehr ausreichten, die Leistungsträger zu halten: Bauplätze oder wenigstens zinslose Darlehen für Eigenheime neben beträchtlichen Geldzuwendungen "unter dem Tisch" waren bei den reichen Vereinen längst übliche Praxis geworden. Inzwischen empfanden es die besten unter Deutschlands Fußballern wie Karl-Heinz Schnellinger, Sportler des Jahres 1962, oder Helmut Haller, auch nicht mehr als ehrenrührig, ihr Geld in Italien zu verdienen. Doch es musste wohl erst zu dem Debakel bei der WM 1962 in Chile kommen, ehe sich der DFB zur überfälligen Strukturreform im deutschen Vereinsfußball durchrang und die Einführung einer bundesweiten Eliteliga beschloss.

 

DIE ZWEI WELTEN DES UWE SEELER 1961:

DER SUPERSTÜRMER ALS GENERALVERTRETER FÜR SPORTARTIKEL 
Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf

 

Gleichwohl gab es auch im Spielerlager Stimmen, die dem hergebrachten Amateurstatus nachtrauerten wie etwa Jürgen Werner vom Hamburger SV: "Und wenn es in den nächsten Jahren 300.000 DM wären, das ist mir die Sache nicht wert."6 Werner stieß sich vor allem an den in Zukunft unterschiedlichen Gehältern innerhalb der Mannschaften. Damit werde "das Gleichheitsprinzip durchbrochen", von nun an sei jeder nur noch des anderen "Nebenbuhler, nicht Kamerad". Dennoch sollte es nach der Entscheidung zur Profiliga im Juli 1962 noch ein ganzes Jahr dauern, ehe am 24. August 1963 knapp 300.000 Zuschauer die ersten acht Begegnungen sehen und die sich nun jeden Samstag einstellende "Endspielstimmung" genießen konnten.

 

Der erste Schritt zur Professionalisierung

Aus heutiger Sicht bedeuteten die nun geltenden neuen Statuten freilich nur den ersten - wenn auch entscheidenden - Schritt zum Profisystem. Von nun an waren die Spieler Angestellte ihrer Vereine mit festen Einkommen: "Die Gesamtbruttobezüge eines Spielers - zusammengesetzt aus Grundgehalt und Leistungsprämien - dürfen den Betrag von monatlich 1.200 Mark nicht übersteigen." Nur "besonders wertvollen Spielern" wurde in Ausnahmefällen mehr gestattet. Trotz der Verdreifachung ihrer Bezüge vom einen auf den anderen Tag war auch dieser Rahmen eher eng bemessen. Schon für einen durchschnittlich guten Spieler wie den Essener Horst Trimborn, der in seinem Zivilberuf als Buchhalter 1.000 DM und bislang zusätzlich 400 DM als Vertragsamateur erhalten hatte, waren die jetzt maximal "erlaubten" 1.200 DM eine deutliche Verschlechterung. Und so sorgte auch in der Folgezeit immer wieder das (noch zu wenige) Geld für Affären und Skandale - am offensichtlichsten im großen Bundesliga-Skandal der Saison 1970/71, als sich herausstellte, dass der Abstieg bestimmter Vereine gegen Zahlung von Schmiergeldern manipuliert worden war.

 

„WERBUNG AM MANN“ 1973:

 ICH, PAUL BREITNER, TRAGE J., WEIL ICH DOCH IMMER SCHON DER PLATZHIRSCH WAR... 
Der Ball ist rund. Begleitheft zur Fußballausstellung im Gasometer Oberhausen 12. Mai bis 15. Oktober 2000, S. 51

 

"Besonders wertvollen Spielern" wie dem ebenso erfolgreichen wie populären Ausnahmestürmer des HSV und der deutschen Nationalmannschaft Uwe Seeler war auch mit dem neuen System nicht gedient. Um ihn zu halten, mussten Konstruktionen jenseits des Spielfelds geschaffen werden. So war "Uns Uwe" der erste, der sein "eigentliches" Geld schon 1961 außerhalb des grünen Rasens verdiente: als Generalvertreter im norddeutschen Raum in Diensten des Sportschuhherstellers Adidas. Wie kein anderer markiert er damit die Übergangssituation im bundesdeutschen Fußball. Erst die Generation nach ihm, die der Beckenbauers, Netzers und Overaths hatte über ihre Popularität die Chance, an die (ganz) großen Werbeeinnahmen zu kommen. Die ersten Werbeauftritte mit Fußballern gerieten aber noch hausbacken, wie die Fernsehspots mit Lothar Emmerich und Siegfried Held von Borussia Dortmund zeigten, die schon kurz nach dem Gewinn des Europapokals 1966 artig ihre Suppe ("Kraft in den Teller - Knorr auf den Tisch!") löffelten.

 

"Ich trinke J., weil..." (Günter Mast)

Obwohl der Fußball schon zu Zeiten der "Sieger von Bern" die denkbar attraktivste Massenunterhaltung überhaupt geboten hatte, sein Aufstieg überdies direkt mit der Verbreitung des neuen Mediums Fernsehen zusammenhing,7 der Rundfunkstaatsvertrag, welcher die Trennung von kommerziellen und informellen Inhalten strikt vorschrieb, sorgte bis weit über das Ende der Siebzigerjahre hinaus dafür, dass seine ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten an enge Grenzen stießen.

 

TESTIMONIAL IN DER AUSLAUFPHASE:

 „UNS UWE“ UND DIE SÜSSE VERFÜHRUNG 1974
Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf

 

In der Folge spielten sich während des gesamten Jahrzehnts zum teil listig geführte Grabenkämpfe zwischen denen ab, die direkt oder indirekt vom Spielgeschehen der Vereine profitierten wie Trainer, Spieler, Vereine und deren Sponsoren und denjenigen, welche "das Produkt" Fußball über die engen Stadiongrenzen hinaus in die Öffentlichkeit transportierten wie die Fernsehanstalten, die ihnen zuarbeitenden Journalisten oder der DFB selbst. Je stärker von ökonomischer Seite der Druck auf die Attraktion Fußball wurde, desto schwieriger gestaltete sich für die öffentlichen-rechtlichen Medien der Abwehrkampf - umso mehr, da sich nach dem Einbruch des Zuschauerinteresses infolge des Bundesligaskandals 1970/71 nicht nur der bundesdeutsche Fußball erstaunlich schnell erholte und an Attraktivität und Renommee gewann (Europameister 1972; Weltmeister 1974) und jetzt auch Vereinsmannschaften wie Mönchengladbach oder Bayern München beachtliche internationale Erfolge verbuchen konnten.

 

 

SAMMELND DIE MANNSCHAFT KOMPLETTIEREN: SPIELER DES DEUTSCHEN MEISTERS 1984 VFB STUTTGART ALS BIERDECKEL-KOLLEKTION
„Da weiß man, was man hat!“ Prominente in der Werbung, Ausstellungskatalog zur leichnamigen Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

 

So wurden immer wieder Fußballübertragungen kurzfristig aus dem Programm genommen, oder die Kameraleute angewiesen, Werbebanden auszublenden, wenn ruchbar geworden war, dass der Sport aus ökonomischen Interessen instrumentalisiert worden war. Doch der Umgang mit kommerziellen Interessen Dritter war fortan als Thema nicht mehr zu umgehen. 1974 forderte der DSB in seinen "Leitlinien für die Werbung im Sport" entsprechend konzertierte Aktionen: "Die Werbung stellt den Sport in zunehmendem Maße vor besondere Aufgaben und Probleme. Um sie zu lösen, ist ein gemeinschaftliches Vorgehen der Turn- und Sportbewegung unabdingbar." So empfahl man "angemessene" Werbung zum Vorteil der Sportvereine und -verbände, stationäre Bandenwerbungen wurden geduldet, nichtstationäre - etwa auf Sportkleidung oder -geräten - hingegen verworfen.

Doch schon hier mochte der größte Verband - der DFB - nicht mitziehen. Schließlich hatte der Braunschweiger Unternehmer Günter Mast bereits 1973 eine für die zukünftige Entwicklung des Fußballs folgenreiche Bresche geschlagen - aufgrund seiner Doppelfunktion als Inhaber einer Likörfabrik und zugleich Präsident von Eintracht Braunschweig. Nur so war es ihm möglich gewesen, seine Spieler mit dem Logo des von ihm hergestellten Kräuterlikörs, einem Hirschgeweih, auflaufen zu lassen. Auch wenn sich der DFB zunächst noch als Bremser hervortat und nur 14 Zentimeter Werbefläche (im Durchmesser) "am Mann" zugestand, bedeutete dies doch einen Meilenstein auf dem Weg zum entfesselten Fußballmarkt heutiger Prägung: vom Vertragsamateur über den Angestellten zum selbstständigen Unternehmer mit eigenem Manager oder gar mit ins Trainingscamp der Nationalmannschaft mitreisenden "Berater". Die endgültige Freigabe der Spielergehälter 1974 war die logische Folge solcher Entwicklungen, ebenso wie auf der anderen Seite innerhalb von nur fünf Jahren die Trikotwerbung zum allgemeinen Standard wurde. Der letzte werbefreie deutsche Meister war der 1. FC Köln 1979/80.

 

"Rummenigges grösster Geldgeber ist Adidas" (T. Schumacher)

Doch erst mit der Einrichtung des dualen Fernsehsystems 1983 zeichnete sich ab, dass ausschließlich das große Geld zur eigentlichen Triebfeder all dessen, was auf dem grünen Rasen als inzwischen tägliches Medienspektakel geschieht, werden sollte. Das Vermittlungsmonopol des öffentlich-rechtlichen Systems war aufgehoben, Sender wie RTL und SAT 1, selbst über Werbung finanziert, nahmen sich des Fußballs an. Nicht gegenläufige, sondern parallele, aus seinem "Warencharakter" abgeleitete Interessen bestimmten fortan die Präsentation der Inhalte. "Wie ein Damoklesschwert hängen finanzielle Einbußen über unseren Köpfen", bekannte Toni Schumacher in seinem Buch "Anpfiff" 1987: "Rummenigges größter Geldgeber nach Adidas ist Fuji. Klar wie Quellwasser ist, dass Karl-Heinz ein goldenes Angebot von mindestens 1 Million DM bekommen hat. Schließlich war er Nationalspieler und potentieller Teilnehmer an den Weltmeisterschaften 1982 und 1986. Er fühlte sich beruflich und moralisch verpflichtet, jedes Risiko einzugehen, nur um spielen zu können. Ähnlich hatte ich in Rom bei der EM 1980 gehandelt und mit gebrochenem Finger gespielt. Was wäre passiert, hätte ich einen oder zwei Bälle verpasst! Eine ungeheure Belastung!" Längst war die Nationalmannschaft aus der Sicht eines Bundesligaprofis nichts anderes als der Multiplikator seiner Popularität - und damit seines Marktwerts: "Nur ein Mitglied der Nationalmannschaft kommt an Werbeverträge von jährlich 100.000 DM und mehr. Als ich meine erste Adidas-Abrechung erhielt, war ich sehr angenehm überrascht."8

 

 

DER TORWART ALS WANDELNDE LITFASSSÄULE: TEILE DES „ARBEITSGERÄTS“ VON TONI SCHUMACHER AUS DEN FRÜHEN 90ER-JAHREN Der Ball ist rund. 
Bergleitheft zur Fußballausstellung im Gasometer Oberhausen 12. Mai bis 15. Oktober 2000, S. 49

 

Mit dem Einzug solcher Summen war zwangsläufig auch die internationale Härte (die "Blutgrätsche") in die bundesdeutschen Stadien eingekehrt, stieg das Verletzungsrisiko für die Spieler stark an, ebenso wie die Zahl echter Frühinvaliden, und beendete dieses "Ausleseprinzip" zunehmend die Karrieren der oft sensiblen "Supertechniker" wie etwa des genialen Heinz Flohe abrupt. Auf der anderen Seite profitierten aber nun auch zweitrangige Spieler wie der Ersatztorwart des SV Werder Bremen, Jürgen Rollmann, von der immer stärker Fahrt aufnehmenden Geldmaschine Profifußball. So lag Rollmanns Einkommen bereits Ende der achtziger Jahre weit über dem bundesdeutschen Durchschnittsverdienst. Zum monatlichen Grundgehalt von 10.000 DM kamen allein für das Tragen einer bestimmten Handschuhmarke weitere 10.000 DM, neben 75 Prozent der eingespielten Prämien seiner Stammmannschaft für Punktspiele, hinzu kamen Prämien für Pokalsiege (25.000 DM pro Spiel und Spieler), Honorare für Fernsehauftritte (über 10 Sekunden in der entsprechenden Kleidung), Tantiemen für Sammelbilder und anderes mehr. Und so kaufte sich selbst ein Ersatztorwart wie Rollmann nach dem Anschluss seines ersten Vertrags gleich vier Dachgeschosswohnungen als Anlageobjekte: "Damit hatte ich Ende 1991 mehr Eigentumswohnungen als Bundesliga-Einsätze."9

 

"Ja, is denn heut schon Weihnachten?" (Franz B.)

"Die Wende kam mit der Wende. In schamloser Offenheit demonstrierten die Beutezüge der Profiteure der deutschen Wiedervereinigung als der zweiten Raffkegeneration nach den Gewinnlern der bundesdeutschen Währungsreform von 1948 ihr Credo, dass Eigennutz besser nährt als Gemeinnutz",10 konstatiert Willi H. Knecht in seinem Buch "Mammon statt Mythos. Der deutsche Sport 2000". Immer schneller drehte sich mit Beginn der neunziger Jahre das Geldkarussell, immer mehr Berater, Agenturen, Ausrüster, Merchandising-Experten, Spielervermittler ("Hallo Vereine, ich habe den Schneider von Rostock, wenn ihr ihn wollt, bitteschön, wir können sprechen, aber 600 Mille müsst Ihr schon einmal für mich einplanen..."11) traten auf den Plan und machten blendende Geschäfte.

 

 

DIE „LICHTGESTALT“ ALLER WERBEVERTRÄGE: DER KAISER ALS HANDY-USER 1999 
„Da weiß man, was man hat!“ Prominente in der Werbung, Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

 

Bald sollte sich die Einrichtung der kommerziellen Kabel- und Satelliten-Sender richtig auszahlen, allen voran jedoch das vom Sport-Direktor von SAT 1, Reinhold Beckmann, erfundene "ran-Format" einer TV-gerechten Fußball-Show. Es kam der Optimierung einer Geldmaschine gleich, zum Vorteil aller daran Beteiligten: "Attraktiver Sport braucht Sponsoren, die Sponsoren brauchen das Fernsehen, um ihre Werbebotschaften zu verbreiten, das Fernsehen wiederum braucht den Sport als Unterhaltungsprogramm."12 In Zahlen ausgedrückt: Von 1989/90 bis 2000/01 stieg der durchschnittliche Umsatz der Bundesligavereine von 20 Millionen um das etwa 4,5fache auf 95 Millionen DM an. Die Gesamteinnahmen an Eintrittsgeldern vermehrten sich im selben Zeitraum verhältnismäßig moderat um das nur 2,5fache von 95 auf 240 Millionen DM - hingegen explodierten die Gelder aus der Vergabe der TV-Übertragungsrechte um das 17fache (!) von gerade 40 Millionen 1989/90 auf 700 Millionen DM in der Saison 2000/01. Für kleinere Vereine wie z.B. den SC Freiburg bedeutete dies, dass ihm mehr als 60 Prozent seiner Einnahmen allein aus dieser Quelle zuflossen. Zusätzliche Gelder kamen aus dem Trikotsponsoring, die sich im Vergleichszeitraum verachtfachten - von etwa 18 auf 150 Millionen DM; dementsprechend stiegen die Spitzengehälter der Spieler in nur fünf Jahren von fünf (Stefan Effenberg: 1995) auf neun Millionen DM an.13

 

Profite, Profite, Profite…

An Beispielen sei auf andere Weise illustriert, welche Profite der durch die Medien ausgeweitete Markt plötzlich möglich machte:

  • Agenturen wie ISPR, SportA oder Ufa Sports begannen die Vereine bei der Vermarktung ihres "Produkts" zu beraten und vertraten sie gegenüber Dritten. "Kurz bevor Ufa Sports 1994 die Gesamtvermarktung von den Hertha BSC übernahm, wollte der Club einen Ausrüsterkontrakt mit der Firma Nike über drei Millionen Mark abschließen. Ufa Sports hatte die Verhandlungen für die Berliner anschließend übernommen und erzielte sechs Millionen Mark als Vertragssumme, obwohl der Verein damals noch in der Zweiten Bundesliga spielte. Innerhalb von fünf Jahren erweiterte die Vermarktungsagentur zusätzlich das Merchandising-Angebot von 30 auf 350 Produkte."14

  • "Nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1996 durch das ‚Golden Goal' durch Oliver Bierhoff wurde mit ihm erstmals konsequent ein Einzelspieler vermarktet: ‚Ich habe die Marktlücke sofort erkannt: Oliver ist ein Produkt, das wir vermarkten können wie ran oder den Compaq Grandslam.'" (ISPR-Manager Peter Olsson). Umgehend erstellte die Firma eine 100.000 DM teure Marktanalyse mit dem umwerfenden Befund: "Oliver ist jung, dynamisch, glaubwürdig und verantwortungsbereit." Mit diesem Imageprofil trat der Vermarkter an potenzielle Werbepartner heran - mit großem Erfolg ("Ich hab einen neuen Trainer für mein Haar")."15

  • "Die Umgehung der Auswirkungen des Bosman-Urteils (Ablösefreiheit und Freizügigkeit der Profifußballer) 1995 führte zu abstrusen Konsequenzen. So verlängerte der Nigerianer Jonathan Akpoborie seinen Vertrag mit dem abstiegsbedrohten FC Hansa Rostock im März 1997 um drei Jahre, ließ sich aber gleichzeitig eine Ausstiegsklausel für sieben Millionen Mark festschreiben. Das Ziel war klar: Akpoborie, von Stuttgart, Köln, Paris und vielen anderen umworben, würde bei einem Wechsel rund die Hälfte der Summe für sich und seinen Berater behalten dürfen, und Rostock hätte immer noch dreieinhalb Millionen statt nichts."16

 

Kapitalgesellschaften als letzter Schritt

Mit der Umwandlung in Kapitalgesellschaften von ehemals eingetragenen Vereinen ab 1998 erfolgte der bislang letzte Schritt in Richtung totaler Kommerzialisierung des Fußballsports. "Es ist ein beinhartes Geschäft mit viel Leidenschaft. Aber ich würde es nicht gleich den Heiligen Krieg nennen", bekannte Nike-Chef Phil Knight: "Ich würde gern glauben, dass Adidas den Krieg verloren hat. In Wahrheit haben sie nur ein paar Schlachten verloren. Jedes halbe Jahr gibt es eine neue Schlacht."17 Der totale Krieg, zwischen Wettbewerbern in der Ausrüstungsbranche seit Jahrzehnten der Normalzustand, sollte bald auch zwischen Staaten den Umgangston bestimmen, wenn es um eine so imageträchtige wie lukrative Sache wie die Durchführung einer Fußball-WM ging. "Bereits die Bewerbung", so FIFA-Präsident Joseph Blatter, "wird gleichsam wie ein wirtschaftlicher Feldzug geführt, der die Vorzüge der einheimischen Fähigkeiten, Erzeugnisse und Dienstleistungen herausstreichen soll. Welche Bedeutung die Kandidaten ihrem Auftritt beimessen, zeigte sich erstmals in aller Deutlichkeit anhand der unerbittlichen Zweikampfs zwischen Japan und Südkorea für die Vergabe der Weltmeisterschaft 2002; ein Duell, das in Anbetracht der kulturellen und historischen Voraussetzungen einzig mit der ‚salomonischen' Teilung der Veranstaltung geschlichtet werden konnte.18

 

 

WERBEZUGABEN EINER LIMONADENMARKE AUS DEM GETRÄNKEABHOLMARKT ANLÄSSLICH DER FUSSBALLWM 2006 

Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf

 

Zukunftsperspektiven einer gigantischen Geldmaschine

Nach der ebenso atemberaubenden wie überhitzten Entwicklung der Geldmaschine Profifußball in den neunziger Jahren scheint heute eher Nachdenklichkeit angezeigt - nach dem Zusammenbruch der Kirch-Gruppe, dem Börsenfiasko von Borussia Dortmund und der Rückkehr der Fußball-Grundversorgung zu den öffentlich-rechtlichen Sendeformaten. Gleichwohl sind und bleiben Fußball, (TV-) Medien und das große Geld nach wie vor aufeinander angewiesen, schon weil sie - in einer geradezu symbiotischen Wechselbeziehung stehend - voneinander profitieren.

Vor diesem Hintergrund scheinen einige der Aktiven noch nicht begriffen zu haben, dass nicht sie, welche die Leistung auf dem Platz bringen, das "Produkt" Fußball "machen", sondern immer auch diejenigen, die ihre Leistung kommentieren und einordnen. Die Musterfälle Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann sollten Lehre genug sein. Seinerzeit bloße Zuarbeiter der Fußball-Shows der neunziger Jahre, sind sie über lange Zeiträume auf dem Bildschirm präsent geblieben und inzwischen zu Mediengrößen mit eigenen Talksshows aufgestiegen, wohingegen viele der einst von ihnen interviewten Rasen-Helden heute der Vergessenheit anheim gefallen sind. Ein Spieler, der sich ihnen gegenüber durch unpassende oder gar pampige Äußerungen geoutet hat, wird in Zukunft wenige Chancen haben, nach seiner Karriere als Aktiver zum gefragten "Studio-Experten" aufzusteigen. Für einen solchen Profi bedeutet der Tag seines Abschieds vom Fußball zwangsläufig auch das Ende seiner Medienkarriere.

Insofern gilt, was Toni Schumacher 1987 schrieb - man müsse als Profi in seiner aktiven Zeit soviel Geld auf der "hohe Kante" haben, um für den Rest seiner irdischen Tage ausgesorgt zu haben - nur noch eingeschränkt. Längst ist eine andere Strategie für die reiferen Jahre eines Ex-Fußball-Profis angesagt, wofür einmal mehr die Lichtgestalt des deutschen Fußball als Beleg herhalten mag: Medienpräsenz. Was die geniale Nummer 5 in ihrer aktiven Zeit an Geldern einstrich, erscheint - angesichts der derzeitigen Werbeverträge Beckerbauers - geradezu lächerlich.

 

Die Geldmaschine schreibt eigene Gesetze

Was bedeuten all diese Phänomene für die Zukunft der Institution WM? Die gigantische Geld- und Werbemaschine Fußball schreibt eigene Gesetze. Sie haben zum Teil ausschließenden Charakter: Denn wo der Aufstieg einer Sportart so eng mit kommerziellen Interessen und der Mediatisierung des Alltags der Menschen verbunden ist, bleiben zwangsläufig diejenigen in der zweiten Reihe, die nicht entsprechende Ressourcen und Verbindungen anzubieten haben. Es sind Länder wie Uruguay oder Chile, selbst einst stolze Ausrichter solcher Veranstaltungen (1950 und 1962), die heute nicht mal den Hauch einer Chance haben, jemals noch Gastgeber einer WM zu werden. Dazu liegen die ökonomischen und logistischen Messlatten inzwischen viel zu hoch, sind diese Monster-Veranstaltungen als Wirtschaftsfaktoren viel zu attraktiv und wichtig geworden, als dass Staaten mit kaum entwickelten Industrien und Infrastrukturen hier noch mitmischen könnten. Schließlich möchten die beteiligten Global Players opulente Rahmenbedingungen mit entsprechenden Umfeldern vorfinden (z.B. Allianz-Arena), die es ihnen ermöglichen, die beste Werbebühne der Welt richtig und effizient zu nutzen, um die in Milliarden Menschen erweckte Fußballbegeisterung auch in milliardenschwere Gewinne umzumünzen.

 

Anmerkungen

1 Nach dem berühmt gewordenen Ausspruch von Theodor Heuss anlässlich des Gemeinschaftsgelöbnisses erster Bundeswehreinheiten 1957.

2 Ausgesprochen auf dem 11. Forum "Globale Fragen" ("Global Players - Fußball, Globalisierung und Außenpolitik") des Auswärtigen Amtes am 19.2.2005.

3 Empfang der Mannschaft der Fußball-WM 1954 in München/Empfang im Rathaus. Rundfunkreportage des Bayerischen Rundfunks vom 6. Juli 1954.

4 Vgl. Schindelbeck, Dirk: Schöpfungsmythos und Goldenes Zeitalter. Unsere Nachkriegsgeschichte als Heldenepos. In: FORUM Schulstiftung. Zeitschrift für die katholischen freien Schulen der Erzdiözese Freiburg, Heft 42/2005, S. 53-74.

5 Vgl. hierzu ausführlich: Schindelbeck, Dirk: Sieger Marke Deutschland oder: "Wie wir Weltmeister wurden": Heldenstück in drei Akten. In: Schindelbeck, Dirk/Weber, Andreas (Hrsg.): "Elf Freunde müsst ihr sein!". Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte. Freiburg 1995, S. 71-88.

6 Der Spiegel, Nr. 20/1963, S. 193.

7 So war schon während der Fußballweltmeisterschaft in der Schweiz 1954 der Verkauf von Fernsehgeräten um 200 Prozent gestiegen. Vgl. König, Thomas: Fankultur. Eine soziologische Studie am Beispiel des Fußballfans. Münster 2002, S. 15ff.

8 Schumacher, Toni: Anpfiff. Enthüllungen über den deutschen Fußball. München 1987, S. 202.

9 Rollmann, Jürgen: Fußballprofi. Ein Leben zwischen Sein und Schein. Berlin 1997, S. 46.

10 Knecht, Willi Ph. (Hrsg.): Mammon statt Mythos. Der deutsche Sport. Berlin 2000, S. 11.

11 Rollmann 1997 (s. Fußnote 9), S. 128.

12 Daike, Rainer: Wie viel wert ist der Sport? In: Hüther, Jürgen: Medien und Sport: Geschäft auf Gegenseitigkeit. In: Medien & Erziehung, Heft 2/1992, S. 68.

13 Zahlen nach Ziebs, Alexander: Ist Erfolg käuflich? Analysen und Überlegungen zur sozioökonomischen Realität des Berufsfußballs. München 2002

14 Holzapfel, Tim: Sportrechte-Vermarkter im Fußball. Geldgeber oder Einflussnehmer?. Hamburg 2002, S. 76.

15 Kistner, Thomas/Weinreich, Jens: Das Milliardenspiel. Fußball, Geld und Medien. Frankfurt am Main 1998, S. 264.

16 Kalb, Rainer: Fallstudie Fußball. Bosman, TV-Gelder und Vereinsegoismen. In: Knecht, Willi Ph. 1997 (vgl. Fußnote 10), S. 80.

17 Kistner/Weinreich 1998 (vgl. Fußnote 15), S. 247.

18 Blatter, Joseph: Die wirtschaftliche Bedeutung des Fußballs. In: Jaeger, Franz/Stier, Winfried (Hrsg.): Sport und Kommerz. Neuere ökonomische Entwicklungen im Sport, insbesondere im Fußball. Chur 2000, S. 104.

 

Unser Autor

Dr. Dirk Schindelbeck, geb. 1952, Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte in Freiburg, Mitbegründer des Kultur- und werbegeschichtlichen Archivs Freiburg, Dozent an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (Institut für deutsche Sprache und Literatur), Schriftleiter von FORUM Schulstiftung. Zahlreiche Texte in wissenschaftlichen, populärwissenschaftlichen und belletristischen Zeitschriften (z. B. "Damals. Das Magazin für Geschichte und Kultur" oder "Universitas. Orientierung in der Wissenswelt"), zuletzt: "Soziale Marktwirtschaft" gestern und heute. Ein politischer Markenartikel im Wandel der Zeit. In: Universitas, 2/2006, S. 145-157. Bücher u. a.: "Ins Gehirn der Masse kriechen." Werbung und Mentalitätsgeschichte (mit R. Gries, V. Ilgen, Darmstadt 1995); "Elf Freunde müsst ihr sein!" Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte (mit A. Weber, Freiburg 1996); Jagd auf den Sarotti-Mohr. Von der Leidenschaft des Sammelns (mit V. Ilgen, Frankfurt 1997); "Haste was, biste was!" Werbung für die soziale Marktwirtschaft (Darmstadt 1999); Marken, Moden und Kampagnen. Illustrierte deutsche Konsumgeschichte (Darmstadt 2003).

 


 

 

 

 


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