Einleitung
 


Die Kenntnis über die Funktionen und Rolle der Banken in unserem Land steht in umgekehrtem Verhältnis zu deren tatsächlicher Bedeutung in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Auch die politische Bildung hat sich nicht sonderlich verdient gemacht, das notwendige Wissen über dieses wichtige Sachgebiet zu verbreiten. Die "Betroffenen" selbst machen es der politischen Bildung nicht gerade leicht. So haben Banken es nicht unbedingt gerne, wenn sie allzu sehr ins Scheinwerferlicht geraten. Es reiche ja, wenn diejenigen, die es angehe, den Durchblick haben. Denn Macht bedeutet Geld allemal, von daher sollte man durch allzu große Publizität nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich lenken und damit auch Neid und Begehrlichkeiten nähren. Ein Stück weit ist es sicher auch schlichtes Unvermögen, sich verständlich zu machen. Was Wunder, daß bei einer solchen Ausgangssituation, bei einer solchen Themenvermeidung Mythen und Verschwörungstheorien allzu sehr ins Kraut schießen.

Der erste Beitrag versucht, aus politikwissenschaftlicher Sicht das Thema Banken rundum abzustecken, Funktionen und Problembereiche zu verdeutlichen, die gegenwärtige Diskussion zu referieren. Damit wird deutlich gemacht, in welchem Ausmaß Banken zu einem zentralen Thema der Politik geworden sind (Beitrag Naßmacher). Die folgenden Beiträge versuchen, den so gesteckten Rahmen detaillierter auszufüllen.

Zunächst geht es um die institutionelle Seite. Das Bankensystem in Deutschland wird beschrieben, unter Würdigung seiner verschiedenen Zweige wie Kreditbanken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und kleine Privatbanken (Beitrag von Stein). Für Deutschland typisch ist dabei das Universalbankensystem, wonach in einem Institut sowohl die üblichen Bankgeschäfte wie Zahlungsverkehr, Sparen, Kredite wie auch das gesamte Wertpapiergeschäft erledigt werden. Demgegenüber steht beispielsweise in den USA das Trennbankensystem, wonach Spezialbanken für den einen Bereich oder den anderen getrennt tätig sind. Welches Bankensystem ist nun das bessere, für die gesamtwirtschaftlichen Funktionen das geeignetere, für die einzelwirtschaftliche Stabilität das effektivere? (Beitrag Büschgen) Zu einer funktionierenden Marktwirtschaft gehört der Wettbewerb, auch im Bankengewerbe. Wie sehen gegenwärtig die Wettbewerbsbedingungen auf dem Bankensektor aus, in welchem Umfang findet hier ein Konzentrationsprozeß statt? Müßte nicht vielleicht sogar angesichts der Globalisierung der Wirtschaft eine stärkere Konzentration im Bankgewerbe erwünscht sein, damit auch der Politik ein paar größere schlagkräftige Unternehmen für ihre Ziele zur Verfügung stehen? In Baden-Württemberg z.B. hat es von seiten der Politik mehrere Anläufe gegeben, um eine große vom Land kontrollierte Bank als Instrument der Wirtschaftspolitik zu schaffen (Beitrag Sittig).

Die Sparkassen sind - mit weiter zurückliegenden Vorläufern - im neunzehnten Jahrhundert geschaffen worden, um für die kleinen Leute da zu sein, ihnen eine sichere Anlage für den Notgroschen zu bieten, aber auch um den Kapitalbedarf sowohl von Privathaushalten sowie kleinen und mittleren Unternehmen decken zu können. Vor einem solchen sozialpolitischen Hintergrund bekamen sie steuerliche Privilegien; um die kleinen Leute vor Schaden zu bewahren, traten die Gebietskörperschaften (Städte, Landkreise) als Gewährsträger auf, indem sie für das angelegte Geld hafteten. Hat sich diese Bankform Sparkasse überholt, steht sie sich mit ihrer regionalen Begrenzung selbst im Wege, kann sie wegen vielfach zu kleiner Bilanzvolumen größere Geschäfte nicht abwickeln? (Beitrag Ziegler)

Wenn es ums Geld geht, kommt immer auch die Deutsche Bundesbank ins Spiel. Sie ist die Notenbank des Staates. Als Bank der Banken müssen sich die Banken selbst ihr Geld bei ihr besorgen. Dabei verfügt die Bundesbank über geldpolitische Instrumente, für die Stabilität der Währung zu sorgen (Beitrag Vollmer).

Banken haben eine zentrale Steuerungsfunktion für die Wirtschaft. Banken haben Macht, und Banken ist das Vermögen anderer Menschen anvertraut. Banken können sich auf zu große Risiken einlassen, und Banken können quasi in einer Kettenreaktion in eine große Pleite hineingezogen werden, mit verheerenden gesamtwirtschaftlichen Folgen. Von daher kann der Markt nicht einfach sich selbst überlassen bleiben. Doch wer kontrolliert die Banken? Eine Fülle gesetzlicher Regelungen und Vorschriften sind erlassen, und ein eigenes Aufsichtsamt ist installiert worden, das gemeinsam mit der Bundesbank sowie mit Hilfe der Landeszentralbanken das Bankwesen beaufsichtigt. Die Frage ist, ob der Gesetzgeber sich in seinen Regelungen nicht allzu eng an die Vorstellungen des Bankengewerbes anlehnt, sich quasi als ideeller Gesamtbanker verhält (Beitrag Luz).

Die Unternehmen wie die Volkswirtschaft insgesamt benötigen Kapital, um ihre Funktionen erfüllen zu können. Das kann auf die verschiedenste Weise erfolgen: durch die Eigenkapitalbildung aus Gewinnen, aus den Zurückstellungen für die Altersvorsorge, aus Aktien und aus Krediten. Zumindest bei den beiden letztgenannten kommen die Banken ins Spiel, ist es doch ihre zentrale Aufgabe, Geld für unternehmerische Tätigkeit zu besorgen, die zueinander zu bringen, die Geld übrig haben, und diejenigen, die Geld dringend benötigen, um es zu vermehren. Funktionsstörungen hier können zu gefährlichen Folgen führen für den Wirtschaftsstandort. Wichtig ist es also, die Rahmenbedingungen zu schaffen, daß die Kapitalversorgung optimal funktioniert. Dazu gehört auch das notwendige Risikokapital für junge, innovative Unternehmer. Hiervon hängt langfristig sehr stark die weltweite Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland ab. Ein besonderes Problem in Deutschland - im Unterschied etwa zu den angelsächsischen Ländern - ist ein gewisses Mißtrauen, wenn nicht gar eine Feindseligkeit gegenüber Aktien. Vielleicht kann dieses Heft auch mit dazu beitragen, daß sich daran etwas ändert (Beitrag Walter).

Wenn es um die Beschaffung von Kapital geht, wird den Banken einerseits vorgeworfen, sie täten das zu zögerlich, indem sie Risikokapital scheuten und jungen Unternehmern, Erfindern, Menschen auf dem Weg zur Selbständigkeit das notwendige Geld verweigerten. Auf der anderen Seite wären sie zu vertrauensselig und würden etablierten Geschäftsleuten, wenn sie nur selbstsicher genug aufträten, Geld geradezu nachwerfen, ohne die Risiken vorher exakt geprüft zu haben. Die Schneider Pleite ist dafür ein anschauliches Beispiel (Beitrag Ziegler).

Wer über die Macht der Banken redet, denkt immer auch an den Aktienbesitz der Banken, mehr noch vielleicht an das Depotstimmrecht, mit dessen Hilfe die Banken bei Aktiengesellschaften mitreden, deren Aktien sie nicht besitzen, sondern nur verwalten. Auf diese Weise kontrollieren Banken einen erheblichen Teil der Aktiengesellschaften in Deutschland und damit große Bereiche der deutschen Wirtschaft. Nicht zufällig sind sie so mit ihren Vorstandsmitgliedern in den Aufsichtsräten vertreten, bestimmen die Unternehmenspolitik wesentlich mit, können in Konflikte geraten zwischen den Interessen der jeweiligen Firma und denen der Aktienbesitzer, die sie vertreten. Es kann sich sogar ein Machtkartell herausbilden, in dem jeder jeden kontrolliert - und damit wegen der wechselseitigen Abhängigkeit niemand niemanden (Beitrag Sturm).

Daß Geld die Welt regiert, klang noch nie so zutreffend wie heute, nicht nur wegen der Globalisierung der Weltmärkte, des Auftretens einiger großer global players, die überall ihre Finger drin haben und sich dort niederlassen, wo es besonders lohnend erscheint. Mehr noch: Aufgrund von geldwirtschaftlichen Neuerungen, wie sie beispielsweise die Derivate darstellen, und dank moderner Datentechnik und weltweiter Kommunikation werden unvorstellbar große Summen über die ganze Welt in kürzester Frist "transportiert", ohne daß die Staaten kontrollierend eingreifen können. Hat damit der Staat seine Souveränität längst an die internationalen Finanzmärkte abtreten müssen? (Beitrag Andersen)

Das Thema Banken ist weitgehend ein Thema der Fachleute geblieben: der Banker selbst, der potenten Geschäftspartner, darüber hinaus der Wirtschafts- und Betriebswissenschaftler, ein wenig von Juristen, bis in die jüngste Zeit kaum von Politikwissenschaftlern. Von daher gibt es Schwierigkeiten, genügend Autoren zu finden, die einem breiteren, interessierten Publikum die Welt der Banken so nahebringen, daß der gewünschte Durchblick gewonnen werden kann. Zumal aufgrund der vorhandenen Gegebenheiten von einem nennenswerten Vorwissen kaum auszugehen ist. Die Lektüre des Heftes macht so notgedrungen manchmal einige Mühe, wobei nicht jedes Detail inhaltlich nachvollzogen werden muß.

Die Autoren dieses Heftes kommen aus den verschiedensten Bereichen: innerhalb der Wissenschaft aus der Volks- und Betriebswirtschaft, aber auch aus der Politikwissenschaft; im Falle des Bankwesens von der Bundesbank (bzw Landeszentralbank) wie von den privaten Geschäftsbanken.

Hans-Georg Wehling