Vorwort
Was Nachhaltigkeit bedeutet, weiß jeder Forstmann: nämlich
daß er nicht mehr Holz schlagen darf, als seit dem letzten Mal nachgewachsen ist.
Entsprechend bedeutet Nachhaltige Entwicklung, daß für unser Wirtschaften und unseren
Lebensstandard nur solche Ressourcen genutzt werden sollten, die nach wachsen, erneuerbar
sind. Das gilt für Rohstoffe genauso wie für Energieträger. Nicht nach wachsende
Ressourcen sollen allenfalls so lange genutzt werden - und dann so effizient wie möglich
; bis ein erneuerbarer Ersatz gefunden und nutzbar gemacht worden ist. Bei spiel sind die
fossilen Energieträger wie Kohle und Erdöl, die langfristig durch Wasser- oder
Windkraft, Sonnenenergie und Biomasse er setzt werden sollten. Nachhaltige Entwicklung
bedeutet auch, bei Schadstoffeinträgen in die Umwelt die natürliche Reinigungskraft
nicht zu überschreiten.
Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung zeigt
mithin eine Richtung an, ist ein ethisches Leitbild. Es beurteilt unsere Welt auch von den
Ansprüchen künftiger Generationen her. Mehr noch: Es will ganz bewußt sozial verankert
sein und global die Ansprüche der Menschen aller Länder miteinbeziehen, mithin auch die
Menschen in den Entwicklungsländern, denen der selbe Anspruch auf einen hohen Lebensstandard zugebilligt wird. Nachhaltige Entwicklung erhebt den Anspruch, ein realistisches
Konzept zu sein, das gesellschaftlich konsensfähig ist. Es will kein Aufruf zur Askese
sein, zum Zurückschrauben unseres Lebensstandards, unserer Bedürfnisse. Und es ist kein
Konzept der Technikfeindlichkeit. Nachhaltige Entwicklung ist auch ein Appell an die
Innovationsbereitschaft unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Sie setzt auf den
Wettbewerb, auf das Unternehmertum, auf die Innovationsfähigkeit
der Wirtschaft. Das 3-Liter-Auto ist ein Beispiel dafür. Das Konzept der Nachhaltigen
Entwicklung stellt einen Paradigmenwechsel in der Umweltdiskussion und der Umweltpolitik
dar.
Nachhaltige Entwicklung bedeutet aber auch ständige
Reflexion unserer Bedürfnisse. Was heißt z. B. Mobilität, und wie läßt sie sich optimal befriedigen, auch ohne Auto? Wie muß moderne Stadtplanung aussehen, die weite Wege
überflüssig macht? Wie können menschliche Prestigebedürfnisse befriedigt werden, ohne
daß das mit hohem Verbrauch von Umweltgütern verbunden wird ? Welche Impulse muß
Politik geben, um eine Nachhaltige Entwicklung zu befördern ? Welche Hindernisse stellen
sich einer Nachhaltigen Entwicklung entgegen und wie können sie überwunden werden?
Dafür braucht es Modellversuche, gerade auch lokale Initiativen.
Wenig reflektiert ist bislang in der Diskussion um
eine Nachhaltige Entwicklung der Bereich der Arbeit, mit der der Mensch ständig in die
Umwelt eingreift, ganz gleich ob sie als Fabrik arbeit oder als Arbeit auf
Gegenseitigkeit, ob im Beruf oder in der Freizeit geleistet wird. Ganz abgesehen davon,
daß im Konfliktfall Arbeitsplatz oder Umweltschutz die Prioritäten zumeist eindeutig
ausfallen.
Nachhaltige Entwicklung stellt hohe Ansprüche an
Bildung und Erziehung. Denn Nachhaltige Entwicklung ist eine Strategie, die mit den
Menschen entwickelt und verfolgt werden muß. Dabei gilt es auch, Strategien zu
entwickeln, die den Weg vom Bewußtsein zum Verhalten weisen. Hier ist auch die politische
Bildung gefragt.
Hans-Georg Wehling
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